Die M&M Carrosserie hat nicht nur eine lange, sondern auch eine interessante und packende Geschichte.
Darum möchte ich sie hier mit euch teilen.
Die Anfänge
Mit nur zwölf Jahren kam mein Vater, Gaetano Maiorano, von Guardia dei Lombardi, einem kleinen sowie charmanten Dörfchen in den Bergen in der Provinz von Avellino (Italien), in die Schweiz. Mit seinen Eltern, seinem Bruder Antonio und seiner Schwester Isabella hinterliessen sie ihr Hab und Gut zurück, um in Zürich einen Neuanfang zu wagen.
Gaetano in seiner Lehre bei der Garage Armbrüster (ca. 1973)
Schnell lernte er von seinem grossen Bruder, die Leidenschaft zu alten & gebrauchten Fahrzeugen kennen. Nachdem er sich einige Jahre in der Schweiz einlebte und seine Nostalgie für sein Heimatdorf senken konnte, begann er dann im Alter von 15 Jahren seine Lehre als Carrosseriespengler bei der Firma Armbrüster in Zürich Adliswil.
Anfangs der Achtzigerjahre machte er sich dann an der Hohlstrasse zum ersten Mal selbständig. Damals nannte man dieses Viertel noch "mini Italy".
Gaetano (rechts im Bild) mit seinem grossen Bruder Antonio und ihrem ersten Auto: Alfa Romeo Giulia Super 1.6
Zur dieser Zeit gab es alle Hände voll zu tun. Im Jahre 1984 zügelte Gaetano deshalb sein Unternehmen an die meist befahrene Strasse Zürichs, der Weststrasse in Zürich-Wiedikon, in eine noch grössere Garage.
Auch ich durfte meine Schulferien und die Wochenenden in der Garage meines Papas verbringen. Kleine anfallende Arbeiten, wie Pneus wechseln, Garage säubern, staubsaugen und Autos um parkieren (das war grossartig!).
Zusätzlich durfte ich die alte Schreibmaschine und später den Computer bedienen um meinem Vater bei den administrativen Aufgaben mitzuhelfen. Dazu gehörten: Rechnungen schreiben, Anrufe entgegennehmen, Kundenbriefe erfassen und vieles mehr.
In all dieser Zeit erkannte ich, dass die Autospenglerei meines Vaters nicht nur eine Garage war. Für viele Menschen war es auch ein Ort der Begegnung.
Eine besondere Gastfreundschaft
Was mich noch heute besonders beeindruckt, ist, dass mein Vater immer ein offenes Ohr für jede und jeden hat. Dabei hat er viel zu tun, muss sich um grosse und oft komplizierte Autoschäden kümmern, schweissen, ausbeulen und reichlich mehr.
Doch jedesmal, wenn jemand zur Türe reinkommt, legt er sein Werkzeug beiseite, kocht für den Besucher einen feinen Espresso, hört seinen Gesprächspartnern aufmerksam zu und gibt gute Ratschläge. Viele Leute, sind ihm dafür sehr dankbar.
Die klassischen Samstage
Am Samstag wurde selbstverständlich auch immer gearbeitet, aber nur bis am Mittag.
Denn nach dem Mittag kamen Freunde und Familie vorbei, um alle Gemeinsam zu essen, zu trinken und bis am Abend spät zu diskutieren, lachen und singen. Es bildete sich eine kleine Gemeinschaft mit der Zeit. Dabei waren immer alle eingeladen. Man brauchte nicht anzurufen oder sich anzumelden. Man kam spontan vorbei und war direkt mit dabei. Selbst meine Freunde besuchten die Garage am Samstag, da die Stimmung immer mitreisend war und es vermittelte ein Gefühl von Geborgenheit. Was eine schöne Zeit!
L'artista
Manchmal sieht man an Werktagen die Lichter spät abends noch brennen, da kreiert Gaetano aus altem Blech und Metall, einmalige Kunstwerke.
Diese Leidenschaft und Gabe nimmt er schon sein ganzes Leben mit sich. Seine Schwester erzählte mir, dass er bereits im Alter von 5 Jahren Kunstwerke kreierte mit den Sachen die er in der Natur fand. Ohne nie eine Schule besucht zu haben, meistert der Meister immer noch unfassbare Kunstwerke und erweitert seine Kreationspalette.
"Il Falco" -Handgemacht aus gebrauchtem Blech - von Gaetano (ca. 1978)
Die Westumfahrung
Als Gaetano im Jahre 2010 wegen der Schliessung der Weststrasse (Westumfahrung) die Garage aufgeben musste und die schlechte Luft endlich besser geworden wäre, war er gezwungen, sich auf die Suche nach einer neuen Garage zu machen. Er fand diese mit etwas Glück an der Rotbuchstrasse am Schaffhauserplatz, wo ihn auch die bestehenden Kunden begleiteten. In Ehre der Weststrasse 81 wurde noch eine 3-Tägige Abschlussfeier zelebriert. Es kamen Freunde, Familie und selbst die Nachbaren vorbei. Gaetano war sehr beliebt in diesem Viertel und man kannte ihn als Maestro des Kreis 3.
Gaetano in der lokalen Zeitung (2008)
-
Mittlerweile, nach rund 12 Jahren, wird auch dieser Standort leider wieder geschlossen, da die Eigentümer aus dem Gebäude Wohnungen bauen möchten.
Als die Nachricht kam, waren die Kunden und Gaetano sehr bedrückt und enttäuscht. Für mein Vater ist seine Garage nicht einfach ein Business, sondern seine Passion wie auch seine Berufung und so wird es auch immer bleiben!
Die Garage am Schaffhauserplatz (2010-2022)
The story continues
Das berühmte M&M Carrosserie Logo (von Gaetano handgezeichnet, 1984)
Obwohl er sich nach 50 Jahren harter Arbeit zur Ruhe setzen dürfte, lässt sich Gaetano nicht unterkriegen, denn er hat die Kraft, wieder eine neue Garage zu eröffnen. Diese befindet sich neu in Zürich-Affoltern. Hier wird er auch weiter alle, wie bis anhin gewohnten Services anbieten. Und hoffentlich werden auch die klassischen Samstage wieder in Leben gerufen!
Für seine Persistenz lobe ich ihn. Er ist auch ein grosses Vorbild für mich und ich wünsche ihm weiterhin viel Erfolg, Freude und .....
.....natürlich; noch einigen Hagelschaden :o)
Sandro im Oktober 2022
Comments